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Susanne Elgeti: zu Renga (1993/94)

RENGA ist das Gemeinschaftswerk einer Gruppe von Komponisten, bei deren Arbeit Kommunikation untereinander und eigene Verantwortung übernehmen als Ausgangsvorraussetzungen zunächst im Vordergrund standen. Man entwickelte eine Vorgehensweise, aus der ausschließlich eine Form der Komposition entstehen konnte, die zu keinem zwingenden Endpunkt führte. Die Materialarbeit wurde willkürlich an einem Punkt abgebrochen und das bisher Entstandene in einem zweiten Arbeitsgang, an dem ebenfalls die gesamte Gruppe beteiligt war, in eine präsentierbare Form gebracht. Ein dritter Arbeitsgang findet während der Aufführung von RENGA statt. Die Gruppe derjenigen, die für des Klangergebnis Verantwortung tragen ist nun jedoch nicht mehr allein auf die Komponisten beschränkt, sondern wird auf alle der Aufführung beiwohnenden Personen ausgeweitet.

Ein durchaus beachtenswerter 'Kabelsalat', der sich dem Auge hier bietet, offeriert während der Darbietung unendlich viele Möglichkeiten der klanglichen Gestaltung von RENGA. Durch das Herstellen immer wieder anderer Kombinationen von Kabelverbindungen ändern sich die Laufwege der Klänge, sie erscheinen an unterschiedlichen Orten im Raum oder verschwinden ganz aus dem Geschehen.

RENGA ist ein Projekt, das im Rahmen der Studienordnung für Komponisten im Elektronischen Studio der Technischen Universtität Berlin durchgeführt wurde. Die Mitwirkenden waren Gerhard Behles, Jens-Uwe Dyffort, Folkmar Hein, Wassily Kokkas, Insik Lee, Franz Martin Olbrisch, Kirsten Reese, Harry Ed Roland, Dimitrios Talarougas und Annette Rheinfurth (Kontrabaß).

Ein aufgenommener Kontrabaßklang war der Ausgangspunkt für die Entstehung von RENGA. Das weitere Vorgehen sollte so geartet sein, daß jeder Komponist zwar die Möglichkeit zum eigenständigen Arbeiten hat, dabei aber dennoch eine mehr oder weniger einheitliche Gruppenarbeit entsteht. Eine selbst auferlegte Regel gewährleistete dies: nacheinander sollten kurze Kompositionseinheiten entstehen, die jeweils ausschließlich auf Material der beiden zuvor entstandenen Einheiten Bezug nehmen. So erreichte man zusätzlich, daß jeder Mitwirkende gezwungen war, mit dem Klangmaterial eines anderen Komponisten zu arbeiten. Neben den verbalen Diskussionen in der Gruppe gab es so auch eine Form der klanglichen Kommunikation untereinander.

Auf diese Weise entstanden 15 Materialstudien in einer Stereofassung zwischen 1 und 4 Minuten Länge. Die Studien sind vom Klangcharakter sehr verschieden und entfernen sich in dieser Hinsicht unterschiedlich weit vom Ausgangsklang: dem Kontrabaß. Die 15 kurzen Teile wurden dann von den Teilnehmern verwendet, um wiederum unabhängig voneinander ein oder mehrere Spuren einer 14-spurigen Version von RENGA mit einer Dauer von 40 Minuten herzustellen. Innerhalb einer Spur wiederholen sich die Kompositionseinheiten somit mehrere Male und sind in 14 unterschiedlichen Reihenfolgen und Abmischungen übereinandergelegt.

Die 14 Ausgänge aus dem Mischpult, die den einzelnen Spuren entsprechen, sind über 7 Steckplätze mit 21 Lautsprechern verbunden. Durch diese besondere Anordnung "gehen die Schaltwege nicht auf". Es gibt immer potentielle Klangquellen, aus denen nichts klingt, und es kann, je nachdem wie die Wege gesteckt sind, auch potentielles Klangmaterial vorhanden sein, das nicht zu Gehör gelangt. So kann die spezielle Aufführungssituation der erstellten Bandversion von RENGA zu einer gestörten Situation führen. Dies wird jedoch nur dann offenbar, wenn die Schaltwege sich während der Wiedergabe ständig ändern. Dann kann durch das Entstehen einer Klanglücke an der einen Stelle an einer anderen ein Loch gefüllt werden.